Teenage-Wunderkind Gukesh D besiegt Ding Liren und wird jüngster Schachweltmeister

Der 18-jährige indische Schachprofi Gukesh Dommaraju ist neuer Schachweltmeister. In einem packenden Finale besiegte er den amtierenden Champion Ding Liren aus China durch einen dramatischen Fehler seines Gegners.

Gukesh ist nun der jüngste Schachweltmeister der Geschichte und der erste Inder, der den Titel seit Viswanathan Anand im Jahr 2013 wieder erringen konnte. Anand verlor damals den Titel an Magnus Carlsen.

Ding zeigte sich nach der Niederlage fair und gratulierte Gukesh zu seinem Sieg. Für Gukesh ging mit diesem Erfolg ein Kindheitstraum in Erfüllung. Im Alter von elf Jahren sagte er in einem Interview, das später viral ging: „Ich möchte der jüngste Schachweltmeister werden.“

Der Weg zum Titel

Ding Liren wurde 2023 Weltmeister – ein unerwarteter Triumph. Aufgrund der COVID-Lockdowns in China stand seine Teilnahme lange auf der Kippe. Er qualifizierte sich erst, nachdem der russische Großmeister Sergej Karjakin wegen seiner Unterstützung für Russlands Invasion in der Ukraine disqualifiziert worden war.

Ding ist bekannt für seine ruhige Art und seine außergewöhnlichen Verteidigungsfähigkeiten. Mit einer Serie von 100 ungeschlagenen Partien stellte er einst einen Weltrekord auf. Doch nach seinem WM-Sieg 2023 gegen Ian Nepomniachtchi geriet er sowohl am Schachbrett als auch persönlich in eine Krise. Er kämpfte mit Erschöpfung und Depressionen und fiel auf Platz 23 der Weltrangliste zurück.

Im Gegensatz dazu dominierte Gukesh die Schachszene 2024. Unter seiner Führung gewann das indische Team erstmals in der Geschichte die Goldmedaille bei der Schacholympiade. Mit einer Performance-Bewertung von 3.056 erreichte er das höchste Ergebnis des Turniers und holte die Goldmedaille am Spitzenbrett.

Drama am Schachbrett

Der Kampf um die Weltmeisterschaft, ein Duell über 14 Partien, fand in Singapur statt und wurde von Google gesponsert. Das Match war von Überraschungen und Wendungen geprägt. Ding wurde vor Beginn als Außenseiter gehandelt, sorgte jedoch mit einem Sieg in der ersten Partie mit den schwarzen Steinen für eine Sensation. In der Regel haben Spieler mit den weißen Steinen einen Vorteil.

Vor der 14. Partie stand es 2:2. Experten erwarteten ein Unentschieden, gefolgt von Stichpartien im Schnellschach. Doch das Finale nahm eine dramatische Wende.

Ding, der mit Weiß spielte, erreichte nach der Eröffnung eine leichte Positionsvorteil, konnte diesen jedoch nicht nutzen. Stattdessen landete die Partie in einem ausgeglichenen Endspiel.

Nach vier Stunden schien das Unentschieden unausweichlich. Doch dann unterlief Ding ein fataler Fehler. Mit seinem 55. Zug bot er einen Turmtausch an, in der Hoffnung, die Stellung zu vereinfachen und das Unentschieden zu sichern. Doch dieser Zug eröffnete Gukesh die Möglichkeit, auch die verbleibenden Läufer abzutauschen und ein gewonnenes Bauernendspiel zu erreichen.

Schachkommentatoren wie die Ex-Weltmeister Magnus Carlsen und Wladimir Kramnik sowie die Großmeister Fabiano Caruana und Hikaru Nakamura kritisierten die Qualität des Matches. Beide Spieler ließen mehrere Chancen ungenutzt.

Carlsen bezeichnete Dings Fehler als „einen der schlimmsten Patzer, die wir je in einer Schachweltmeisterschaft gesehen haben“. Viele Experten waren schockiert über das abrupte und antiklimaktische Ende eines ansonsten spannenden Duells.

Die Carlsen-Frage

Über dem Titelkampf schwebte die Frage nach der wahren Weltspitze. Der 34-jährige Norweger Magnus Carlsen, von vielen als der beste Schachspieler aller Zeiten angesehen, hatte 2022 seinen Weltmeistertitel aus Motivationsgründen niedergelegt.

Carlsen ist jedoch weiterhin aktiv und führt die Weltrangliste der FIDE an. Seine Anwesenheit wirft die Frage auf, ob der Sieger der Weltmeisterschaft tatsächlich als bester Spieler der Welt gelten kann. Für Gukesh bleibt jedoch klar: Er ist der neue Schachweltmeister – der jüngste in der Geschichte des Spiels.